Wieso eigentlich Woche der Brüderlichkeit? Und nicht Woche der Freundschaft? Landesrabbiner Moshe Flomenmann hat es bei der Eröffnung vorigen Sonntag treffend gesagt: Einen Bruder könne man sich nicht aussuchen. Den müsse man mit all seinen Eigenheiten akzeptieren und annehmen, wie er ist, ohne ihn verändern zu wollen. Ursprünglich war diese spezielle Woche im März eine Sache zwischen Christen und Juden. Doch in Pforzheim bringt sich verstärkt die Glaubensgemeinschaft der Fatih-Moschee ein, was sehr begrüßt wird. Diesen jungen Gemeindemitgliedern ist zuzugestehen, dass sie ihren Brüdern (und Schwestern) sehr offen entgegengehen.
Bei der Kirchenraumführung für Jugendliche ab 14 Jahren in der katholischen Kirche St. Elisabeth am Donnerstagabend besteht die Gruppe – außer den an der Aktion direkt Beteiligten und von den Dekanatsjugendreferenten Sascha Ehringer (katholisch), Daniel Janz (evangelisch) sowie dem an der Idee beteiligten katholischen Pastoralreferenten Tobias Gfell abgesehen – nur aus Jugendlichen aus der Fatih-Moschee. Diese sieben folgten umso interessierter an die Stationen, die Pfarrer Georg Lichtenberger mit der pädagogischen Mitarbeiterin Micaela Constantin und den drei engagierten jungen Gemeindemitgliedern Sarah Radajewski (20), Fatima Ringswirth (23) und Teresa Kern (18) ausgearbeitet hatte. Gleich im Eingangsbereich schart sich die Gruppe um den Taufbrunnen. Wasser, so Pfarrer Lichtenberger, sei bei den Katholiken ein wichtiges Element – Symbol des Lebens, das Gott schenke. „Ihr habt das ja auch. Mit den rituellen Waschungen“, ergänzt er in Richtung muslimischen Besuch. „Was ist das für ein Gefäß dort hinten?“, will Halil Sahin wissen. „Da kann man sich Weihwasser abfüllen.“ Die Kirche werde von vielen Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion besucht.
„Für die ist das ein sehr wichtiger Brauch.“ Die erstaunten Muslime erfahren, dass das Weihwasser zu Hause verwendet oder auch zum Grab getragen werde. Lediglich in der Fastenzeit werden keines gesegnet und am Karfreitag gar bleibe der Taufbrunnen leer. „Es ist aber nicht zum Trinken und schon gar kein Zaubertrank“, ergänzt der Pfarrer. Staunend steht die Gruppe auch um den Tabernakel: „Das ist der Aufbewahrungsort für die in der heiligen Messe gewandelten Hostien“, erklärt Teresia Kern.
Das Marienbild, der Ambo – das erhöhte Pult, von dem herab die biblischen Lesungen verkündet werden – sowie der Altar selbst sind weitere Stationen. Die Teilnehmer dürfen eine aus Olivenöl geschnitzte Taube in einer Box mitnehmen, in die sie einen Zettel mit ihrem größten Anliegen hineinlegen. Für Nury Yalcin (20), die schon in einigen Kirchen und auch Synagogen war, ist eines am Erstaunlichsten: „Dürfen wir überhaupt hier im Altarraum stehen? In einer anderen Kirche durften wir das nicht.“ Das sei vom Pfarrer abhängig, so Lichtenberger, der seine Besucher so „nah wie möglich“ an Gott heranlassen will.
Quelle: Pforzheimer Kurier 09.03.2013 - Ausgabe Nr. 58 - Seite 29
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