Die fünfte Jahreszeit mit all ihrer ausufernden Fröhlichkeit und Schlemmerei - damit ist jetzt Schluss. Krapfen ade, Wasser statt Wein. Für viele Menschen ist das Ende der närrischen Zeit gleichzeitig der Startschuss in die Enthaltsamkeit. Zumindest vorübergehend und das auch nicht immer aus religiösen Motiven.
„Jetzt ist mal wieder gut mit Feiern und Genießen, ich will zur Ruhe kommen und meinem Körper was Gutes tun“, sagt die 42-jährige Hausfrau Stefanie M., die regelmäßig um diese Zeit eine Fastenkur macht und eine Woche lang nur noch Gemüsebrühe zu sich nimmt. Aber eher aus gesundheitlichen Gründen und „weil da auch der Kopf so klar wird“. Das könnte man genau genommen als Enthaltung oder Abstinenz bezeichnen. Was der 18-jährige Halil Sahin in der Mitte seiner Glaubensgemeinschaft im Verein „Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion“ macht, klingt schon eher nach strengem Fasten: Bei den Moslems ist es üblich, während der Fastenzeit gar nichts zu sich zu nehmen und das 30 Tage lang – von Sonnenaufgang bis -untergang. „Nicht einmal Zahnpasta und Kaugummi sind erlaubt. Man darf einfach nichts zu sich nehmen“, erklärt der Dialogbeauftragte in der Fatih Moschee diesen Brauch im Islam, der sogar im Koran stehe. Während er sich als Kind mit halbtägigem Fasten langsam heran getastet hat, ist der junge Mann seit etwa drei Jahren „ganz“ dabei. „Die ersten zwei Tage sind hart, aber dann geht es.“
In der Schule allerdings halte er sich in der Fastenzeit meist mit anderen Moslems auf, während seine Mitschüler ihr Vesper verzehren. „Die machen mich sogar darauf aufmerksam, dass sie gerade essen und bedeuten mir, dass ich lieber weg gehen soll.“ Dieser Respekt gefällt ihm. Doch im Gegensatz zu den Christen hat er noch etwas Zeit, sich auf den Ramadan vorzubereiten, der erst am 9. Juli beginnt und am 7. August endet. Für diese Zeit hat seine Gemeinde sogar einen Koch aus der Türkei engagiert, der abends nach dem Fastenbrechen für die Gemeinschaft kocht; auch Notleidende von außerhalb würde man in dieser Zeit bewirten, erzählt Halil Sahin. Doch der Ramadan ist natürlich nicht nur eine Sache des Physischen, die außerdem den Effekt haben soll, sich in die Haut armer Menschen zu versetzen. Wer sich daran hält, so Halil Sahin, dem werden nach 30 Tagen seine Sünden vergeben sein. Dafür muss er aber den Koran noch intensiver lesen sowie „schändliche Dinge“ meiden. In Gedanken und Taten und dazu gehört auch jegliches Vergnügen. „Aber Disco hat mich sowieso noch nie interessiert“, sagt der 18-Jährige.
Was die 430 Mitglieder der jüdischen Gemeinde Pforzheim außerhalb der Mauern der Synagoge in der Emilienstraße machen, „das weiß ich nicht“, sagt Rabbiner Michael Jaakov Bar-Lev. Er könne nur in der Gemeinde Vorbild sein und dazu einladen, die Fastentage gemeinsam zu begehen. Und derer sind es einige, die immer in Zusammenhang mit dem „Gelobten Land“ und der Heiligen Stadt Jerusalem stehen. Die einzelnen Tage, an denen 24 Stunden lang auf Essen und Trinken verzichtet wird, ziehen sich über das ganze Jahr der orthodoxen Juden. Der einzige freudige Fastentag im Zeichen der Versöhnung findet am Anfang des jüdischen Jahres im September statt und dauert dann 25 Stunden.
„Da ziehen wir uns auch weiß an und es wird gefeiert.“ Ansonsten sei das Fasten dazu da, zu trauern, in sich zu gehen. „Kein Wasser, kein Essen, keine Cremes, kein Sex, keine Schuhe außer Stoffschuhe und nicht erhöht sitzen“, zählt der Rabbiner die Regeln auf. Strenge Regeln sind bei den Christen ab dem Auftragen des Aschekreuzes nicht verbunden, jeder fastet auf seine Weise. Dekan Bernhard Ihle vom katholischen Dekanat Pforzheim räumt ein, dass dem Fasten in der letzten Zeit auch eher ein Wellnessgedanke zugeordnet wird. Davon abgesehen, dass er selbst während dieser 40-tägigen Phase nachmittags nichts mehr isst und keinen Alkohol trinkt sowie mehr Bewegung in den Alltag einbaut und dadurch seinem Körper etwas Gutes tut, hat diese Zeit für ihn als Dekan auch etwas Spirituelles und ist „eine Vorbereitung auf Ostern“. „Zu sich und zu Gott finden“ ist für die Christin Ruth-Maria Sartor der Sinn der Fastenzeit. Die katholische Gemeindereferentin stoppt in der Fastenzeit „die Berieselung“ durch das Fernsehprogramm. Das Opfer um des Opfern willens zu bringen wäre ihr allerdings zu wenig. „Dann soll die Barmherzigkeit dafür mehr Raum bekommen.“ Das sieht bei ihr dann so aus, dass sie nicht im Fernsehsessel sitzt, sondern persönliche Briefe schreibt.
Autorin: Susanne Roth
Quelle: Pforzheimer Kurier 18.02.2013 - Ausgabe Nr. 41 - Seite 23
Eutinger Straße 105
75175 Pforzheim
Tel.: 07231 / 560136
Mobil: 0176/62513606
Fax.: 07231 / 561870
Email: info@ditib-pforzheim.de
Web: www.ditib-pforzheim.de