Die Verteilung der „Ungefähren Bedeutung des Koran“, also einer Koranübersetzung durch die Aktion „Lies“ hat wie erwartet und möglicherweise auch beabsichtigt, ein breites
mediales Echo ausgelöst. Neben einigen reflexhaften Verurteilungen nähern sich einige Kommentatoren mit Hinweis auf die Legitimität einer solchen Aktion und dem tatsächlichen Nutzen, den Koran
auch mal zu lesen, bevor man darüber spricht, diesem Thema an.
Über die Wichtigkeit der Lektüre des Korans für alle, die am Thema teilhaben wollen, besteht kein Zweifel. Der heilige Koran ist die Glaubensgrundlage aller Muslime. Er ist die Hauptquelle für
die islamische Theologie und alle grundlegenden islamischen Wissenschaften. Andererseits ist er für die nicht-muslimische Perspektive unverzichtbare Quelle zur Erforschung des Islam. In diesem
Sinne hat sich die deutsche Koranwissenschaft in den letzten Jahrhunderten viele Verdienste erworben. Mehr noch versuchte beispielsweise der Dichter und Orientalist Friedrich Rückert bereits
Anfang des Neunzehnten Jahrhunderts durch seine hervorragende Arbeit den Rhythmus, Klang und die die Muslime bezaubernde sprachliche Tiefe, dem deutschsprachigen Leser zugänglich zu machen. Somit
ist der Koran dem interessierten deutschsprachigen Leser nicht unbekannt.
Daneben gibt es für alle, die sich für den Koran interessieren, viele Zugänge, um ihn zu lesen. Dabei ist das Internet, in dem der Koran als Original, als Übersetzung, als Text oder vorgelesen zu
finden ist, nur eine Quelle. Für jeden sind auch unterschiedliche Kommentare frei zugänglich.
In so einer Situation ist es sicher berechtigt zu fragen, was bei aller Legitimität mit der großflächigen Verteilung des Korans durch die Aktion „Lies“ bezweckt werden soll. Insbesondere ist zu
hoffen, dass Einzelne darin nicht eine werbewirksame Aktion für ihre Gruppe sehen. Eine Instrumentalisierung des heiligen Buches zu diesem Zweck ist unbedingt abzulehnen. Ebenso sollte die Form
der Verteilung keine unangemessenen Diskussionen über diese heilige Schrift auslösen. Dies gilt im Übrigen für alle heiligen Schriften gleichermaßen. Ganz besonders darf sich niemand zur Annahme
des Angebotes gedrängt fühlen, denn im Islam gibt es keinen Zwang im Glauben. Die Prinzipien des respektvollen Umgangs miteinander gilt es im gegenseitigen Bewusstsein herzustellen und zu
erhalten. Dies schließt ebenfalls die gegenseitige Bewusstwerdung um Sensibilitäten, Befindlichkeiten und Pluralitäten ein.
Ebenfalls sind politische und mediale Annäherungen unter dem Aspekt zu reflektieren, dass nicht zunehmend fruchtlose, belastende Diskussionsfelder geschaffen und dann auf dem Rücken der hiesigen
Muslime ausgetragen werden.
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